Was sind eigentlich sinnvolle Zutaten guter Kommunikation? Wann laufen Gespräche wirklich gut? Wie gehen Sie mit Konflikten kommunikativ um? Was gibt es Neues im Kontext Hirnforschung und Kommunikation? Unser Useletter gibt darauf regelmäßig Antworten. Antworten mit Nutzwert.
Useletter 3/2018
Beispiele:
- Ich habe vollstes Verständnis für die Situation der Mitarbeiter, aber derzeit ist es leider nicht möglich….
- Der Vorschlag ist ganz gut, aber wir haben nicht die Mittel, ihn umzusetzen.
- Ihre Präsentation hat mir gut gefallen, aber…
Wirkung auf den Empfänger
Es sind nicht nur Bedenkenträger, die mit dem Wort „aber“ inflationär umgehen. Die immer in einem Atemzug „ja, aber…“ sagen. Und „Nein“ meinen. Viele kleine „aber“ schmuggeln sich in unsere Kommunikation und entfalten eine große, mitunter zerstörerische Wirkung. Denn eine Aussage, auf die ein „aber“ folgt, ist entwertet, plattgemacht. An den genannten Beispielen ist erkennbar, dass die Aussage VOR dem Komma nicht wirklich ernstgemeint ist. Das merkt auch der Empfänger. Manchen wird es bewusst, sie fühlen sich nicht ernstgenommen. Andere spüren ein undefinierbares Unbehagen. Also: Vorsicht beim Umgang mit diesem Plattmacher!
Wirkung nach innen
Spannend – aber unseres Wissens noch unerforscht – ist die Frage, warum jemand mit vielen „aber“ durchs Leben geht. Warum manchmal die Sätze direkt mit diesem Wort anfangen. Denn diese „aber“ kosten Kraft. Sie beinhalten immer eine Abgrenzung, eine Distanz bis hin zur Konfrontation. Das heißt, in der Wirkung nach innen sind es Energiefresser, die es zwar manchmal braucht, aber nicht immer. 😉
Unser Tipp:
„Aber“ möglichst häufig durch „und“ ersetzen. Insbesondere in Feedbacks: „Ihre Präsentation hat mir gut gefallen. Und wenn Sie Ihr letztes Argument noch etwas deutlicher formulieren, wäre es noch besser verständlich.“
Ein FBI-Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt.
Unser Körper verrät viel, was Worte und Stimme häufig noch verdecken können. Beruhigungsgesten, Fußstellung und Mimik sind verräterisch – und es lohnt sich, beim Gesprächspartner genau darauf zu achten. Joe Navarro arbeitet mit vielen Beispielen – und zeigt auch die Grenzen des „Menschenlesens“ auf.
MVG-Verlag, 17. Auflage 2018.
Von Katrin Prüfig
Neulich beim Elternabend meldet sich ein Vater zu Wort, mit einer relativ kratzigen, eher hohen Stimme, viel Druck hinter den Worten, mehrfaches Räuspern. Für Zuhörer nicht angenehm. Auf einem Kongress gibt es Wortmeldungen: Ein Teilnehmer spricht ruhig und gelassen ins Mikrophon, sonore Stimme, klare Sätze, gute Betonung. In einer Moderationsübung an meiner Hochschule fallen mehrere Studentinnen vor kurzem durch besonders warme, klare Stimmen auf, ihr Sprechtempo ist angenehm. Man könnte lange zuhören.
Drei Beispiele von Situationen, wo das „akustische Charisma“ zum Tragen kommt. Mal zum Vorteil, mal zum Nachteil des Sprechenden. Akustisches Charisma – das ist ein Begriff von Forschern der Süddänischen Universität in Sonderburg. Sie untersuchen die Geheimnisse großer Redner mit Hilfe von Robotik und Algorithmen. Mimik, Gestik, Kleidung, all das interessiert nicht. Was zählt, ist der Höreindruck. So werden zum Beispiel die Vorträge von Steve Jobs in ihre kleinsten Elemente, die Morpheme, zerlegt. Ebenso die Reden von Mark Zuckerberg und sogar von Martin Schulz.
Erste Erkenntnis: Steve Jobs hatte viel Modulation in der Stimme, also ein – möglichst authentisches – Auf und Ab. Wer monoton redet, kommt schlechter an, meinen die Forscher, und als Zuhörer ertappen wir uns vermutlich bei einem ähnlichen Gedanken. Jobs betone manche Worte sehr stark, so die zweite Erkenntnis. Er schafft damit Rhythmus und Orientierung. Zusätzlich transportiert sich darin auch die Leidenschaft für seine Themen und Produkte. Und drittens waren Reden von Steve Jobs kürzer als andere, vergleichbare öffentliche Auftritte. Er setzte viele Pausen – und das machte es den Zuschauern noch leichter ihm zu folgen. Viel eher übrigens als Mark Zuckerberg.
Aber funktioniert diese Art der Stimmführung auch losgelöst von der Person? Oder muss jemand, der klingt wie Steve Jobs, auch so aussehen? Nein, muss er nicht! Die Phonetiker machten Experimente mit Robotern, die die Sprachmelodie verschiedener Redner nutzten. Die Roboter sprachen Passanten an, diese sollten wahlweise einen Fragebogen ausfüllen oder sich über gesundes Essen austauschen. Im Ergebnis war der „Steve-Jobs-Roboter“ deutlich erfolgreicher, die Passanten von etwas zu überzeugen bzw. sie für eine Aufgabe zu gewinnen. Auf der gewählten Skala für den Wert des akustischen Charismas von 0 bis 100 lag Jobs bei 93, Zuckerberg bei 57 Prozent. Bei Martin Schulz ließ sich feststellen, dass sein akustisches Charisma Anfang 2017 recht hoch war, dann aber im Laufe des Wahljahres immer mehr nachließ. Was im deutschen Wahlvolk möglicherweise nur ein Gefühl war, können die Phonetiker am Stimmprofil nachweisen.
Erkenntnisse aus der Hirnforschung unterstützen die Thesen aus Süddänemark: Vieles deutet darauf hin, dass die Sprache vom Inhalt her zwar vor allem in der linken Gehirnhälfte entschlüsselt wird. Die rechte Gehirnhälfte ist aber, so scheint es, ganz wesentlich am Entschlüsseln von Rhythmus, Modulation und Tempo beteiligt. Überwiegend unbewusst hören wir offenbar lieber Menschen zu, die rhythmisch, nicht zu schnell und variabel in der Tonhöhe sprechen. Rhythmus und Melodie tragen dabei sehr zum Sprachverstehen bei, sie machen es den Zuhörern leicht.
Was davon lässt sich trainieren? Nun, an der Stimmhöhe kann ein Training nur bedingt etwas ändern. Sie wird vor allem durch die Beschaffenheit des Kehlkopfes geprägt. Mit einem guten Sprechtrainer kann man allerdings die Potentiale der Stimme nach oben und unten besser ausschöpfen. Steve Jobs hatte für einen Mann auch keine besonders tiefe Stimme. Er hat sie nur gut eingesetzt. Sprachmelodie, Modulation, Zäsuren, Rhythmus – all das kann in einem Training verbessert werden. Wobei mir persönlich wichtig ist, dass es nicht in einem künstlichen Sing-Sang endet, sondern authentisch, kraftvoll und lebendig klingt. Dann ist es offenbar egal, ob Sie Smartphones verkaufen oder Wollsocken …
Useletter 2/2018
Beispiele:
- Da wird man schauen müssen, wie eine Lösung aussieht.
- Man kann nicht immer darüber reden, jetzt sollte man auch mal handeln.
- Man ist enttäuscht, man hat gekämpft und dann hat es doch nicht gereicht. (Häufig zu hören nach Fußballspielen aus den Reihen der unterlegenen Man-schaft, pardon Mannschaft.)
Wirkung auf den Empfänger
Als Vernebelungstaktik mag das Wörtchen „man“ ab und zu sinnvoll sein. Es lässt völlig offen, wer Handelnder ist, wer eine Lösung suchen wird, wer also verantwortlich ist. Im Falle der enttäuschten Fußballer (gilt natürlich auch für andere Sportler) enthält das „man“ eine Distanzierung. „Man“ traut sich nicht zu sagen: Ich bin enttäuscht – oder: Wir sind traurig.
Auf den Leser, Hörer oder Zuschauer wirkt das oft unscharf und unbefriedigend. Er hat nur eine ungefähre Vorstellung davon, um wen es hier geht. Es schafft viel Raum für Interpretationen, die Gedanken gehen auf Wanderschaft, die Aufmerksamkeit ist weg. Ein aufmerksamer Zuhörer wird hier nachhaken und fragen: Wer ist „man“?
Wirkung nach innen
Für den Sprechenden wirkt „man“ ähnlich wie die Weichmacher: Er will sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht festlegen. Er bleibt auch vor sich selbst in einer wackeligen Position. Es fehlt der Mut zu sagen: Das Unternehmen wird jetzt schauen müssen, wie eine Lösung aussieht. Die Bundesregierung sollte jetzt handeln. Ich bin enttäuscht. Und dazu stehe ich! Ausrufezeichen.
Unser Wort-Tipp:
Wann immer möglich, ersetzen Sie „man“ durch ich, wir, die Partei, die Unternehmensführung. Und hinterfragen Sie bei anderen, wer mit „man“ gemeint ist. Vor allem bei Sätzen mit „Man müsste mal….“.
Workbook Medientraining – Wie Sie Ihren öffentlichen Auftritt erfolgreich gestalten.
Von Kathrin Adamski, Katrin Prüfig & Stefan Klager
Es ist ein Buch für alle, die verstanden werden wollen. Und die in der öffentlichen Kommunikation nichts dem Zufall überlassen. Das erste Buch zum Thema mit vielen, interaktiven Elementen: Beispiele, Tipps, Übungen, Checklisten, Videos für Online-Medien – alles drin. Ein unverzichtbares Handbuch, nicht nur für den Medienauftritt.
April 2018, Schäffer-Pöschl in Stuttgart. ISBN 978-3-7910-4155-1, 39,59 €
Von Katrin Prüfig
Neulich erzählte mir ein Kunde in einem Training von einem TED Talk, den er sehr witzig fand. Das Thema war irgendetwas zum Thema Glück, und der Redner hatte einen originellen Einstieg gewählt, der von seiner Schwester, einem Sturz aus dem Bett und einem Einhorn handelte. Soviel war noch in Erinnerung geblieben.
TED Talk – falls Sie noch keinen angeschaut oder angeklickt haben – ist ein Vortragsformat, das international große Beachtung findet: Maximal 18 Minuten erhält jeder Redner, um sein Thema gut zu präsentieren. Die Bandbreite reicht von „Wie lerne ich Klavier zu spielen?“ über „Mein Leben nach dem Schlaganfall“ bis hin zu politischen und wissenschaftlichen Themen. Dieses Mal also: Shawn Achor – The happy secret to better work“. Alle TED Talks sind online verfügbar, erreichen ein Millionenpublikum und werden in mehr als 40 Sprachen übersetzt.
Keine Sprache der Welt allerdings hätte in diesem Fall geholfen. Nötig wäre eine Zeitlupenfunktion für die Tonspur. Der Psychologe Shawn Achor rast nämlich durch seinen Vortrag, als wäre er auf der Flucht. Er spricht derart schnell, dass selbst so manche Pointe im Wortschwall untergeht. Von dem eigentlichen Thema mal ganz abgesehen – dazu komme ich noch. Statt der üblichen 18 Minuten ist er in 12 Minuten und 20 Sekunden „durch“. Und das Publikum vermutlich auch. Kein Wunder, dass sich mein Trainingsteilnehmer nur an die Sache mit dem Einhorn erinnerte, das war der Einstieg in die Rede, da ging es auch mit dem Sprechtempo noch halbwegs.
Was passiert im Kopf des passiv Zuhörenden, wenn wir es mit einem Schnellsprecher zu tun haben? Wissenschaftliche Studien dazu sind mir nicht bekannt, aber ich frage das regelmäßig auch im Training. Antworten: Ich komme nicht mehr mit und schalte ab. Ich finde es anstrengend und checke dann meine Mails. Ich werde atemlos. Es stört mich.
Und da sind wir bei einem wichtigen Punkt: In der passiven Zuhörer-Rolle wollen wir uns nicht anstrengend. Wir möchten etwas erfahren, aber wenn es nicht existenziell wichtig ist, wollen wir dafür unser Gehirn nicht unter voller Leistung arbeiten lassen. Unbewusste Prozesse finden da statt, die übrigens auch bei zu vielen Fach- und Fremdwörter einsetzen. Im Ergebnis geht das Publikum also in einen Vermeidungsmodus. Wie schade für so manches Thema!
Was kann man Schnellsprechern also raten? Der naheliegende Tipp „sprich langsamer“ wird sicher nicht reichen.
- Strukturieren Sie Ihre Botschaft oder Ihren Text so, dass sich nach einem Gedanken eine Pause anbietet, eine Zäsur, kein „Loch“ beim Sprechen. Markieren Sie sich diese Zäsuren mit einem positiven Symbol, einer Wolke zum Luft holen, einem Smiley. Es soll eine Belohnung sein, auf diese Pause zu achten.
- Machen Sie sich klar, wie wichtig ihre Themen sind, und dass Sie verstanden werden möchten. Es geht nicht darum, etwas fehlerfrei und routiniert „abzuliefern“, sondern Ihre Inhalte regelrecht zu zelebrieren.
- Schnellsprecher sind häufig nur mit sich selbst und der Sprechsituation beschäftigt. Sie schlagen gar keine Kontaktbrücke zum Publikum oder zu ihrem Gegenüber. D.h. ein entscheidender Tipp auf dem Weg vom Schnellsprecher zum „Gemütlichsprecher“ ist: Gehen Sie mit Ihrem jeweiligen Publikum in einen echten Kontakt. Warten Sie auf das Echo, das Ihre Worte auslösen. Schauen Sie, ob jemand wohlwollend nickt oder auch den Kopf schüttelt. Begleiten Sie Ihre Worte bis zum Empfänger.
Shawn Achor hat übrigens folgende These vertreten: Es gibt viele Hindernisse auf dem Weg zum Glück. Wer immer nur in „Wenn….dann!“ denkt, wird es möglicherweise nie erreichen. Achor skizziert einen einfachen 21-Tage-Plan, in dem wir u.a. jeden Tag drei neue Dinge festhalten, die uns glücklich machen. Dadurch, so seine These, verschiebt sich die Wahrnehmung hin zum Positiven. Er hat durch bildgebende Verfahren nachgewiesen, dass uns dieses Vorgehen nicht nur fröhlicher, sondern auch leistungsfähiger macht. Das habe ich allerdings erst verstanden, als ich mir den Vortrag zum zweiten Mal und mit vielen Pausen angeschaut habe…
Useletter 2/2018
Beispiele:
- Da wird man schauen müssen, wie eine Lösung aussieht.
- Man kann nicht immer darüber reden, jetzt sollte man auch mal handeln.
- Man ist enttäuscht, man hat gekämpft und dann hat es doch nicht gereicht. (Häufig zu hören nach Fußballspielen aus den Reihen der unterlegenen Man-schaft, pardon Mannschaft.)
Wirkung auf den Empfänger
Als Vernebelungstaktik mag das Wörtchen „man“ ab und zu sinnvoll sein. Es lässt völlig offen, wer Handelnder ist, wer eine Lösung suchen wird, wer also verantwortlich ist. Im Falle der enttäuschten Fußballer (gilt natürlich auch für andere Sportler) enthält das „man“ eine Distanzierung. „Man“ traut sich nicht zu sagen: Ich bin enttäuscht – oder: Wir sind traurig.
Auf den Leser, Hörer oder Zuschauer wirkt das oft unscharf und unbefriedigend. Er hat nur eine ungefähre Vorstellung davon, um wen es hier geht. Es schafft viel Raum für Interpretationen, die Gedanken gehen auf Wanderschaft, die Aufmerksamkeit ist weg. Ein aufmerksamer Zuhörer wird hier nachhaken und fragen: Wer ist „man“?
Wirkung nach innen
Für den Sprechenden wirkt „man“ ähnlich wie die Weichmacher: Er will sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht festlegen. Er bleibt auch vor sich selbst in einer wackeligen Position. Es fehlt der Mut zu sagen: Das Unternehmen wird jetzt schauen müssen, wie eine Lösung aussieht. Die Bundesregierung sollte jetzt handeln. Ich bin enttäuscht. Und dazu stehe ich! Ausrufezeichen.
Unser Wort-Tipp:
Wann immer möglich, ersetzen Sie „man“ durch ich, wir, die Partei, die Unternehmensführung. Und hinterfragen Sie bei anderen, wer mit „man“ gemeint ist. Vor allem bei Sätzen mit „Man müsste mal….“.
Workbook Medientraining – Wie Sie Ihren öffentlichen Auftritt erfolgreich gestalten.
Von Kathrin Adamski, Katrin Prüfig & Stefan Klager
Es ist ein Buch für alle, die verstanden werden wollen. Und die in der öffentlichen Kommunikation nichts dem Zufall überlassen. Das erste Buch zum Thema mit vielen, interaktiven Elementen: Beispiele, Tipps, Übungen, Checklisten, Videos für Online-Medien – alles drin. Ein unverzichtbares Handbuch, nicht nur für den Medienauftritt.
April 2018, Schäffer-Pöschl in Stuttgart. ISBN 978-3-7910-4155-1, 39,59 €
Von Katrin Prüfig
Neulich erzählte mir ein Kunde in einem Training von einem TED Talk, den er sehr witzig fand. Das Thema war irgendetwas zum Thema Glück, und der Redner hatte einen originellen Einstieg gewählt, der von seiner Schwester, einem Sturz aus dem Bett und einem Einhorn handelte. Soviel war noch in Erinnerung geblieben.
TED Talk – falls Sie noch keinen angeschaut oder angeklickt haben – ist ein Vortragsformat, das international große Beachtung findet: Maximal 18 Minuten erhält jeder Redner, um sein Thema gut zu präsentieren. Die Bandbreite reicht von „Wie lerne ich Klavier zu spielen?“ über „Mein Leben nach dem Schlaganfall“ bis hin zu politischen und wissenschaftlichen Themen. Dieses Mal also: Shawn Achor – The happy secret to better work“. Alle TED Talks sind online verfügbar, erreichen ein Millionenpublikum und werden in mehr als 40 Sprachen übersetzt.
Keine Sprache der Welt allerdings hätte in diesem Fall geholfen. Nötig wäre eine Zeitlupenfunktion für die Tonspur. Der Psychologe Shawn Achor rast nämlich durch seinen Vortrag, als wäre er auf der Flucht. Er spricht derart schnell, dass selbst so manche Pointe im Wortschwall untergeht. Von dem eigentlichen Thema mal ganz abgesehen – dazu komme ich noch. Statt der üblichen 18 Minuten ist er in 12 Minuten und 20 Sekunden „durch“. Und das Publikum vermutlich auch. Kein Wunder, dass sich mein Trainingsteilnehmer nur an die Sache mit dem Einhorn erinnerte, das war der Einstieg in die Rede, da ging es auch mit dem Sprechtempo noch halbwegs.
Was passiert im Kopf des passiv Zuhörenden, wenn wir es mit einem Schnellsprecher zu tun haben? Wissenschaftliche Studien dazu sind mir nicht bekannt, aber ich frage das regelmäßig auch im Training. Antworten: Ich komme nicht mehr mit und schalte ab. Ich finde es anstrengend und checke dann meine Mails. Ich werde atemlos. Es stört mich.
Und da sind wir bei einem wichtigen Punkt: In der passiven Zuhörer-Rolle wollen wir uns nicht anstrengend. Wir möchten etwas erfahren, aber wenn es nicht existenziell wichtig ist, wollen wir dafür unser Gehirn nicht unter voller Leistung arbeiten lassen. Unbewusste Prozesse finden da statt, die übrigens auch bei zu vielen Fach- und Fremdwörter einsetzen. Im Ergebnis geht das Publikum also in einen Vermeidungsmodus. Wie schade für so manches Thema!
Was kann man Schnellsprechern also raten? Der naheliegende Tipp „sprich langsamer“ wird sicher nicht reichen.
- Strukturieren Sie Ihre Botschaft oder Ihren Text so, dass sich nach einem Gedanken eine Pause anbietet, eine Zäsur, kein „Loch“ beim Sprechen. Markieren Sie sich diese Zäsuren mit einem positiven Symbol, einer Wolke zum Luft holen, einem Smiley. Es soll eine Belohnung sein, auf diese Pause zu achten.
- Machen Sie sich klar, wie wichtig ihre Themen sind, und dass Sie verstanden werden möchten. Es geht nicht darum, etwas fehlerfrei und routiniert „abzuliefern“, sondern Ihre Inhalte regelrecht zu zelebrieren.
- Schnellsprecher sind häufig nur mit sich selbst und der Sprechsituation beschäftigt. Sie schlagen gar keine Kontaktbrücke zum Publikum oder zu ihrem Gegenüber. D.h. ein entscheidender Tipp auf dem Weg vom Schnellsprecher zum „Gemütlichsprecher“ ist: Gehen Sie mit Ihrem jeweiligen Publikum in einen echten Kontakt. Warten Sie auf das Echo, das Ihre Worte auslösen. Schauen Sie, ob jemand wohlwollend nickt oder auch den Kopf schüttelt. Begleiten Sie Ihre Worte bis zum Empfänger.
Shawn Achor hat übrigens folgende These vertreten: Es gibt viele Hindernisse auf dem Weg zum Glück. Wer immer nur in „Wenn….dann!“ denkt, wird es möglicherweise nie erreichen. Achor skizziert einen einfachen 21-Tage-Plan, in dem wir u.a. jeden Tag drei neue Dinge festhalten, die uns glücklich machen. Dadurch, so seine These, verschiebt sich die Wahrnehmung hin zum Positiven. Er hat durch bildgebende Verfahren nachgewiesen, dass uns dieses Vorgehen nicht nur fröhlicher, sondern auch leistungsfähiger macht. Das habe ich allerdings erst verstanden, als ich mir den Vortrag zum zweiten Mal und mit vielen Pausen angeschaut habe…
Useletter 1/2018
Das müssen Sie sich so vorstellen, Herr Müller…!
Da müssen Sie mal hinten links im Regal nachsehen.
Da müssen Sie wohl morgen nochmal anrufen.
Ich muss nachher noch den Rasen mähen…
Wirkung auf den Empfänger:
Müssen – ein problematisches Verb. Wer will schon gern etwas „müssen“? Es erzeugt unbewusst einen Druck und schränkt die Entscheidungsfreiheit ein. Wer „müssen“ hört, wird sich eher der Aussage verschließen. Manche nur „aus dem Bauch heraus“, manche auch bewusst. Motto: Gar nichts muss ich!
Natürlich hat auch dieses Wort in bestimmten Situationen seine Berechtigung, z.B. wenn es um eine echte Dringlichkeit geht: „Wir müssen die Asylverfahren für Flüchtlinge beschleunigen!“
Wirkung auf den Sprecher:
Der Druck, den das Wort in Richtung Empfänger erzeugt, erzeugt es auch nach innen. Wie viel lästige Pflicht steckt in dem Satz: Ich muss nachher noch Rasen mähen? Oder: Ich muss nachher noch fünf Emails schreiben? Am deutlichsten wird es, wenn Sie „müssen“ durch „werden“ oder sogar „wollen“ ersetzen. Die Aufgaben werden leichter, wenn es heißt: Ich werde nachher noch Rasen mähen. Oder gar: Ich will nachher noch Rasen mähen! Das ist übrigens auch ein Schlüssel zur Selbstmotivation: Wer immer nur in „müssen“ denkt, dem wird vieles nicht wirklich leicht von der Hand gehen.
Unser Wort-Tipp: Ersetzen Sie „müssen“ so oft es geht durch „möchten“, „werden“ oder „wollen“. Sie werden erleben, wieviel leichter Sie durchs Leben gehen. Interessant ist auch die Variante „da wäre es doch klug…“ anstelle von „wir müssen“. Denn klug will jeder gern sein.
„Eine Toolbox mit 100 Anleitungen für alle beruflichen Herausforderungen“, nennt der Autor dieses handliche Buch. Und in der Tat enthält es wertvolle und kompakte Tipps für gute Kommunikation. Sehr praktisch, wie die einzelnen Kapitel aufbereitet sind – nämlich sehr übersichtlich, gut zu lesen. Hilfreich sind auch die Checklisten am Ende jedes Kapitels. Ein guter Begleiter für alle, die selbst reden, schreiben, moderieren und präsentieren. Oder andere darauf vorbereiten.
Schäffer-Poeschl 2017
Von Stefan Klager, Der KommunikationsCoach, Köln
Ich betrete die Kölner Filiale eines namhaften Automobilherstellers. Abteilung Verkauf. Zwischen den ausgestellten Neuwagen sind die Schreibtische der Verkäufer platziert – und so werde ich unfreiwillig Ohrenzeuge eines Verkaufstelefonats.
Laut und leicht aggressiv: „Nein, Sie verstehen das einfach nicht…“ – Subtext in den Ohren des Gesprächspartners am anderen Ende der Leitung: „Mensch, Kunde, du bist echt zu blöd.“
„… wenn wir Ihnen diese Finanzierung empfehlen, dann können Sie davon ausgehen, dass die auf seriösen Füßen steht.“ Hier ignoriert der Verkäufer, dass es nicht darum geht, jemanden zu überreden, sondern zu überzeugen – und zwar durch inhaltliche Argumente, nicht durch Behauptungen.
Während einer kurzen Phase des Zuhörens signalisiert der Verkäufer einem Kollegen, dass er eine Zigarette haben möchte. Er geht davon aus, dass sein Gesprächspartner dies nicht bemerkt, weil er es nicht sieht. Falsch! Es ist hörbar, ob jemand dem Gespräch konzentriert folgt oder nicht. Und wenige Sekunden später tappt der Vertriebler tatsächlich in die Falle. Die hinübergereichte Zigarette lenkt ihn offenbar ab, denn er nachfragt. „Wie bitte? Ich hab Sie gerade nicht verstanden?“
Er läuft wie ein Tiger im Käfig vor seinem Schreibtisch auf und ab und spricht immer schneller. Seine Stimme verrät, dass er von dem Kunden genervt ist. Dann fläzt er sich – immer noch telefonierend – in seinen Schreibtischstuhl, lässt die Rückenlehne dynamisch nach hinten gleiten und legt die Füße hoch. Die Zigarette im Mund, ohne dass er sie anzündet. Die behält er auch dann noch im Mundwinkel, als er gelangweilt eine Frage beantwortet. Offenbar versteht ihn der Kunde akustisch nicht. Der Verkäufer nimmt die Zigarette aus dem Mund und spricht besonders laut und überartikuliert.
Endlich ist das Telefonat beendet. Der Verkäufer hat sein Ziel nicht erreicht – welch´ Wunder! Die Wahrscheinlichkeit, dass der Kunde den Leasingvertrag noch unterschreiben wird, tendiert gegen Null. Warum?
Der Verkäufer hat nichts von dem befolgt, was ihm (hoffentlich) in Kommunikationsschulungen beigebracht wurde: Zunächst mal körperlich vernünftig kommunizieren. Denn natürlich hört man auch am Telefon, ob jemand aufrecht, ruhig und in gutem Kontakt am anderen Ende der Leitung ist. Oder ob jemand sich in seinen Bürostuhl fläzt bzw. hektisch herumläuft.
Ebenso wichtig: Dem Kunden zuhören. Starke Anker setzen, also Botschaften, die den Kunden erreichen. Empathisch auf die Vorbehalte des Kunden eingehen, ihn mit seinen Befürchtungen ernst nehmen und – falls möglich – ihm die Skepsis nehmen. Vertrauen gewinnen. Und vor allem: Authentisch und freundlich sein – nicht nur (künstlich antrainiert) freundlich tun.
Der letzte Akt: Unmittelbar nach dem Ende des Telefonats ruft der Verkäufer seinem Kollegen quer durch den Verkaufsraum zu: „Was denkt der sich denn? Der hat doch wohl ´nen Knall!“ Während die beiden laut lamentierend an mir vorbeigehen, spricht mich ein anderer Mitarbeiter des Autohauses an und fragt nach meinen Wünschen. „Nein, danke, hat sich erledigt“, sage ich und gehe.
Vertrieb hat also – wenn es schlecht läuft – tatsächlich mit Vertreiben zu tun.